Mythos Konklave

Non-Fiction | 2011

Wenn am diesjährigen Ostersonntag Papst Benedikt den sechsten Jahrestag seiner Inauguration feiert, wird er nicht an alle Details seiner Wahl gerne zurückdenken. Es sind Details, die belegen: Dieser Pontifex war alles andere als der unbestrittene Favorit des Kardinalkollegiums. Ganz im Gegenteil. Beinahe wäre es der Fraktion seiner Widersacher geglückt, die Wahl von Papst Benedikt XVI. zu verhindern. Die Divergenz zwischen Reformkräften und Traditionalisten trat beim Konklave 2005 offen zutage und mündete in einen Richtungskampf, von dem die breite Öffentlichkeit niemals hätte erfahren sollen. Doch genau das ist geschehen.

Das ZDF legt zum Amtsjubiläum von Papst Benedikt in einem Dokumentarfilm offen, welches Drama sich im April 2005 in der Sixtinischen Kapelle abgespielt hat, wie sehr die polarisierenden Gruppen miteinander um das höchste Amt in der katholischen Kirche gerungen haben. Einen detaillierten Blick hinter die Mauern des Vatikans ermöglicht ein geheimes Tagebuch, das ein anonymer Kardinal aus dem Konklave geschmuggelt und einem italienischen Journalisten in die Hände gespielt hat.

Der Dokumentarfilm begibt sich auf Spurensuche nach diesem Tagebuch. Dazu spüren die beiden Autoren der Tellux Filmproduktion in Wien, Andrea Oster und Volker Schmidt-Sondermann, den römischen Journalisten Lucio Brunelli auf, der das Tagebuch aus den Händen des Kardinals empfangen hat.

„Als ich diese Notizen bekommen habe, war ich sehr aufgeregt“, so Lucion Brunelli im Interview. „Es war mir bewusst, dass ich etwas Wichtiges erhalten habe, das vielleicht in den letzten Jahren und Jahrhunderten nie passiert war.“

Auf der Grundlage dieses Geheimdokuments rekonstruiert der Film minutiös, was sich tatsächlich bei den vier Wahlgängen abgespielt hat: Ein Machtkampf der beiden großen Lager in der katholischen Kirche, mit den Traditionalisten um den Kardinaldekan Ratzinger auf der einen Seite und dem liberalen Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Bergoglio, auf der anderen. Von Urnengang zu Urnengang gewinnt er an Stimmen, wird zum Hoffnungsträger der Erneuerer. Im dritten Wahlgang schafft Bergoglio das Unglaubliche: Seine Stimmen blockieren Joseph Ratzingers Wahl zum Papst.

Der Film hinterfragt: Was war beim vierten und letzten Wahlgang geschehen? Welche Strategien nutzten die „Ratzingerianer“, um ihren Favoriten an die Front zu bringen? Wer waren jene geheimen Papstmacher, die nicht nur ihren Kandidaten durchdrückten, sondern auch sukzessive in die Schaltstellen der Kurie drängen?

Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse, untersucht der Film auch die drängendste Frage des Vatikans: Wohin steuert die katholische Kirche im dritten Jahrtausend? Dazu Kardinal Walter Kaspar: „Die Kirche geht einer gewissen Diaspora-Situation entgegen, die Kirche wird kleiner, vielleicht sogar eine Minderheit, das weiß man nicht, aber es kann sein.“

Cast & Credits

Buch und Regie: Andrea Oster, Volker Schmidt-Sondermann
Kamera: Jürgen Rehberg
Kameraassistenz: Matthias Kilian, Richy Koburg
Schnitt: Markus Wogrolly
Tonmischung: Thomas Kathriner (blautöne)
Kostüm: Zizi Lehner, Uschi Heinzl
Maske: Monika Krestan
Garderobe: Karin Traxler
Ausstattung: Johannes Leitgeb
Ausstattungsassistenz: Kathrin Simmet
Computeranimation: Cast Dresden
Produktionsassistenz: Valentina Marboe, Cary Zichy
Produktionsservice Italien: Piotr Dziubak (Little Film Roma)
Produktionsleitung: Caroline Zichy, Florian Perger
Herstellungsleitung: Alecsander Faroga
Produzenten: Martin Choroba, Golli Marboe
Redaktion: Michaela Pilters, Jürgen Erbacher (ZDF)
Produktion: Carolin Klapproth (ZDF)

Eine Produktion von TELLUX Film im Auftrag des ZDF

Technische Daten

Dokumentation, 45 min.
Sendedatum: am 24. April 2011 um 16:15 Uhr im ZDF