Die Klosterpioniere

Mehrteiler, Non-Fiction | 2006 | 4 x 45

DER LEIDENSCHAFTLICHE KÖNIG

1803. Maximilian I. ordnet die Auflösung aller Klöster in Bayern an. Ausgerechnet sein Sohn Ludwig I. will diesen Schritt wieder rückgängig machen. Der junge König träumt davon, Bayern zu einer Kulturnation von europäischem Rang zu machen. Zur Bildung seiner Untertanen, plant er, die bayerischen Klöster wiederzubeleben. Doch die Regierung und sogar viele Exmönche verweigern ihre Unterstützung. Der König lässt sich aber von seinem Vorhaben nicht abbringen und setzt seinen ganzen Einfluss und eigenes Vermögen ein.

Die Benediktinerklöster Metten, St. Stephan, Ottobeuren, Scheyern und St. Bonifaz würde es ohne Ludwig I. heute nicht geben – auch wenn es in den Anfangsjahren immer wieder so aussieht, als würde das Projekt einer Klosterwiederbegründung endgültig scheitern. An zu wenig Geld, zu wenig Nachwuchs und großen menschlichen Problemen innerhalb der Konvente.

Im Film des Autors Juri Köster erzählen Mönche aus den Klöstern Metten, St. Stephan, Ottobeuren und Scheyern von den großen Schwierigkeiten ihrer Vorgänger, Klöster aus dem Nichts aufzubauen. Stimmungsvolle Bilder vermitteln einen Eindruck in welchen Verhältnissen die Mönche damals über Jahre um ihre Existenz kämpfen mussten. Zwar sorgt Ludwig I. für eine einfache Grundausstattung der Häuser, doch er stellt auch große Forderungen. So entstehen immer wieder Spannungen, wenn die Mönche seinen Wünschen nicht nachkommen. Zum größten Konflikt kommt es, als die Benediktiner – auf Geheiß von Rom – dem König verwehren, seine protestantische Ehefrau mit allen Ehren beizusetzen. Ein Streit, der weit über den Tod des Königs hinaus bis in die Gegenwart angedauert hat.

DIE SELBSTBEWUSSTE DIENERIN

1803. Alle Klöster in Bayern werden verboten. Nur wenige Häuser, wie das Kloster der Franziskanerinnen in Dillingen dürfen weiter bestehen. Da die Schwestern aber keinen Nachwuchs mehr aufnehmen dürfen, scheint ihr Ende besiegelt. Beim Amtsantritt König Ludwig I. 1826 leben nur noch sieben Schwester, doch der neue Herrscher lässt wieder die Aufnahme von Nachwuchs zu.

Theresia Haselmayr, eine der ersten neuen Kandidatinnen, übernimmt die Leitung des Hauses. Doch die Kirchleitung traut der schüchternen jungen Frau nicht viel zu. Sie muss sich erst in die Rolle der Oberin einfinden und gerät öfter in Konflikt mit den älteren Schwestern. Doch Theresia Haselmayr besteht die ersten Krisen und lernt, den Konvent vor den vielen Anfragen um Hilfe im Zeitalter der aufkommenden Industrialisierung zu schützen. Nicht immer gelingt es ihr dabei, die Kontrolle über die Neugründungen zu behalten, die in ganz Bayern entstehen. Das größte Haus der Dillinger Franziskanerinnen, Maria Medingen, versucht sich, vehement vom Mutterhaus loszusagen.

Am Ende ihrer über 40 jähren Amtszeit hat es Theresia Haselmayr doch geschafft, 19 Neugründungen zusammen zuhalten und die Dillinger Franziskanerinnen zu einem der größten Schwesterngemeinschaften Deutschlands zu machen – eine Gemeinschaft die heute über 900 Schwestern umfasst, die sich auf vier Kontinenten für die Menschen engagieren. Niemand hatte dem einfachen Kleinstadtmädchen Theresia Haselmayr diese Leistung zugetraut.

In diesem 45-minütige Film des Autors Juri Köster erzählen die Schwestern aus Dillingen, Maria Medingen und Volkach in ungewöhnlich persönlicher Weise, welche Bedeutung Theresia Haselmayr für sie hat. An vielen Stellen in den Klöstern spürt man noch heute, den Geist der Ereignisse von damals. So treffen sich die Geschichten aus der Gründungsphase mit den Erzählungen über die aktuellen Herausforderungen. Auch heute stehen die Schwestern vor einer ungewissen Zukunft, denn ihnen fehlt der Nachwuchs. Doch sie sind weiter voller Hoffnung, weil sie bis jetzt immer erfolgreich, der franziskanischen Maxime gefolgt sind: Dem Ruf der Zeit zu folgen und sich auch in Krisenzeit immer neue Aufgaben zu suchen.

DER RUHELOSE MÖNCH

Andreas Amrhein ist eine der schillerndsten aber auch widersprüchlichsten Persönlichkeiten in der Geschichte des Benediktinerordens. Ohne ihn gäbe es keine Missionsbenediktiner – mit über 1000 Mönchen sind sie heute die zweitgrößte Benediktinergemeinschaft weltweit. Über 15 Jahre kämpft Amrhein Ende des 19. Jahrhunderts dafür, seinen großen Traum zu verwirklichen: Ein deutscher Orden für die Mission – für einen Benediktinermönch damals ein revolutionärer Gedanke. Als er endlich mit seinen Brüdern den Missionsdienst in Deutsch-Ostafrika, dem heutigen Tansania, aufnehmen darf, ist die Realität der Mission ernüchternd. Über die Hälfte der ausgesandten Missionsmönche fällt schon im ersten Jahr nach ihrem Eintreffen Krankheiten und Gewalttaten zum Opfer.

Doch je höher die Verluste in Afrika sind, desto größer ist der Zulauf in Deutschland zu den Missionsbenediktinern. Die jungen Männer reißen sich darum, das Christentum auf dem „Schlachtfeld der Liebe“ zu verteidigen. Die Mission in Afrika verspricht Abenteuer aber auch persönlich Erlösung. Die Anzahl der Brüder im Mutterhaus in St. Ottilien wächst innerhalb weniger Jahre auf über 100 an. Ausgerechnet in dieser Phase verlässt Amrhein 1896 unter mysteriösen Umständen seine Gründung. Erst heute, 100 Jahre nach diesem Vorfall, bemühen sich die Missionsbenediktiner um die Aufklärung der Hintergründe dieses überraschenden Verschwindens. Eine wahre Geschichte, die alle Merkmale eines großen Charakterdramas trägt.

Der 45-minütige Dokumentarfilm von Juri Köster kombiniert aufwendig produzierte Bilder aus deutschen und afrikanischen Klöstern mit noch nie gezeigten Stummfilmausschnitten aus der Gründungzeit. Sie zeigen die völlig fremde, unbekannte Welt des damaligen Afrikas und die Aufbaubemühungen der jungen in Mönche in St. Ottilien und Münsterschwarzach. Ein Leben unter Verhältnissen, die man sich heute kaum noch vorstellen kann.

DER ROMANTISCHE STAHLBARON

Der zwanzigjährige Theodor von Cramer-Klett ist Ende des 19. Jahrhunderts Erbe eines riesigen Stahlkonzerns – der heutigen MAN – und einer der reichsten Männer Deutschlands. Ausgerechnet dieser junge Protestant wird zum Retter eines der bekanntesten deutschen Klöster: Ettal, das 1803 als Kloster aufgelöst wurde. Cramer-Klett kauft das Gut, um es zu seinem Landsitz zu machen. Damit kommt er den Mönche des Klosters Scheyern zuvor, die Ettal wieder beleben wollen. Die Mönche sind entsetzt. Doch völlig unerwartet verstehen sich der junge Protestant und der erfahrene Abt von Scheyern.

Anstatt weiter sein Wirtschaftsimperium auszubauen, wird Cramer-Klett zum großen Mäzen der bayerischen Benediktiner. Ohne ihn wären die Klöster Ettal und Plankstetten nicht wiederbegründet worden. Aus dem Protestanten wird eine führende Persönlichkeit in der katholischen Welt Deutschlands. Nicht immer geliebt, aber hoch geachtet. Ein Mann, der am Ende aber fast auch sein ganzes Vermögen verloren hat.

Der 45-minütige Film des Autors Juri Köster geht der Frage nach, was einen protestantischen Millionenerben so sehr mit den Benediktiner Mönchen verbunden hat. Bei einem Besuch des Urenkels von Cramer-Klett in Ettal eröffnen sich Einblicke in die Klausur, die sonst der Öffentlichkeit verschlossen bleibt. Parallel entsteht auch ein Vergleich mit den anderen Klöstern, denen Cramer-Klett sich sehr verbunden gefühlt hat: das altehrwürdige Scheyern, das handfeste Plankstetten und das prachtvolle Ottobeuren.

Cast & Credits

Buch und Regie: Juri Köster
Kamera: Christoph Ofelein
Kameraassistenz: Bene Zirnbauer, Sebastian Simon
Schnitt: Magnus Froböse
Tonmischung: Maik Siegle
Sprecher: Hans-Jürgen Stockerl, Axel Wostry
Produktionskoordination: Sebastian Teiwes, Julia Schmid
Produktionsleitung: Alecsander Faroga
Producer: Golli Marboe
Produzent: Tellux-Film GmbH, Martin Choroba

Eine Produktion von Tellux Film im Auftrag des BR

Technische Daten

Dokumentation, 4 x 45 min.